BESPRECHUNG
PERRY RHODAN
Perry Rhodan Nr. 1901
Hubert Haensel:
Tödliche Tessma
Der Flug der KAURRANG – tödliche Gefahr an Bord der Balkenspindel
Pabel-Moewig, Januar 1998
Titelbild: Alfred Kelsner
(c) Pabel-Moewig Verlag GmbH, Rastatt
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In einer fernen Galaxis ist Perry Rhodan mit einer bunt zusammengewürfelten Besatzung in dem kleinen Raumschiff KAURRANG unterwegs. Sein Auftrag lautet, das legendäre Fernraumschiff SOL zu finden, das seit über tausend Jahren im Weltraum verschollen ist. Da die SOL zuletzt in der Doppelgalaxis Whirlpool gesichtet wurde, wird beschlossen, statt nach Hause in die Milchstraße zurückzukehren, mit der KAURRANG nach Whirlpool zu fliegen. Kurz vor dem Aufbruch erhält Perry als Geschenk die letzten sechs Tessma: Wunderkäfer, die jede Art von Gedankenbefehlen ausführen können. Doch auf der Fahrt nach Whirlpool mehren sich unerklärliche Vorfälle: Geräte versagen, Triebwerke fallen aus. Im Leerraum zwischen den Galaxien muss die KAURRANG sogar den Überlichtflug unterbrechen. Verursacht werden die Störungen von den Tessma. Zwar gelingt es, alle sechs Käfer auszuschalten, doch die Gefahr für das Raumschiff ist noch nicht beseitigt: Die Tessma haben sich vermehrt und überschwemmen zu Zehntausenden das Schiff. Den Raumfahrern bleibt nichts anderes übrig, als die KAURRANG zu verlassen und das Schiff zu sprengen. Sie sind nun gestrandet in einer fremden Galaxis.
Als Jugendlicher hatte ich Perry Rhodan gelesen bis ich etwa fünfzehn war und mich dann die folgenden fünfzehn Jahre mit anderen Dingen befasst. Doch als ich dreißig war, merkte ich, dass ich mich gelegentlich nach den bunten Heften zurücksehnte, die ich in meiner Jugend verschlungen hatte. Ich sah sie ab und zu am Kiosk liegen, und als sich Jubiläumsband Nr. 1900 ankündigte, beschloss ich, wieder einen gelegentlichen Blick hinein zu werfen.
Mein Plan war, ab und zu ein Heft zu kaufen und querzulesen, um mich oberflächlich zu informieren, ob es sich lohnen würde, etwa mit Band Nr. 2000 wieder in die regelmäßige Lektüre einzusteigen. Ich schaute also immer mal wieder am Bahnhofskiosk vorbei, und eines Tages lag da Romanheft Nr. 1901, "Tödliche Tessma" von Hubert Haensel. Oh nein, ich hatte den Jubiläumsband um eine Woche verpasst! Ich kaufte und las das Heft trotzdem – und dieses Heft war es, das mich davon überzeugte, wieder jede Woche meinen Perry zu kaufen und zu lesen, nicht ab Band 2000, sondern ab sofort.
Tatsächlich hatte ich mir da einen tollen Moment zum Wiedereinstieg ausgesucht: Noch heute halte ich die fünfzig Hefte zwischen Nr. 1900 und 1950 für einen der besten Abschnitte der Serie. Was da alles los war, innerhalb und außerhalb der Hefte: Perry Rhodan war inzwischen als "Sechster Bote" im Auftrag der so genannten Koalition Thoregon unterwegs, trug einen blauen "Galornenanzug" und konnte offenbar über die mysteriöse "Brücke in die Unendlichkeit" in kurzer Zeit in weit entfernte Gebiete des Universums wandeln. Er hatte einen neuen Feind namens Shabazza, der für die Verwüstung der halben Milchstraße verantwortlich war, und am Ende legte sich Perry sogar mit den Hohen Mächten des Universums an.
In der realen Welt hatte das Multimedia-Zeitalter begonnen, und Perry gab es inzwischen auch auf CD-ROM, als Computerspiel und sogar in einem neuen Medium namens Internet. Wer im Jahr 1998 begann Perry zu lesen, erlebte außerdem noch im selben Jahr den ersten Perry-Heftroman des späteren Chefautors Uwe Anton (Nr. 1922), die Wiederbelebung der Atlan-Serie ("Traversan-Zyklus") und ein Novum, den Gastroman eines Bestseller-Autors: Andreas Eschbach begeisterte mit Perry Nr. 1935 "Der Gesang der Stille" und legte später sogar noch zwei weitere Perry-Gastromane vor.
Doch es war Hubert Haensels Roman Nr. 1901, der mich wieder in die Perry-Welt zurückbrachte. Zunächst wollte ich wissen, was aus den mir bekannten Schauplätzen und Figuren geworden war: Wie sah es inzwischen auf der Erde aus? Was machten alte, lieb gewonnene Figuren? Wo waren der Mausbiber Gucky, der halutische Riese Icho Tolot, Mike, Tiff und Tek? Das Schöne war, dass der Roman gleich viele dieser Fragen beantwortete. Es gab sogar, gleich auf den ersten Seiten, Erinnerungen an die Anfangszeit der Serie: Perrys erstes Raumschiff, die STARDUST, die Dritte Macht, Fiktivtransmitter, ES, und sogar einen kleinen Rückblick auf die Geschichte der SOL.
All das war mir noch vertraut, und ich wollte wieder darüber lesen. Perry und Bully waren noch die alten Haudegen. Aber da gab es auch neue, interessante Figuren, die lebendig geschildert wurden: die schöne Zirkusartistin Mondra Diamond nebst ihrem Haustier, dem auf Größe eines Hundes verkleinerten Klonelefanten Norman, der fresssüchtige Ertruser Polton Kreyn, der furchtsame Physiker Tautmo Aagenfelt und die asketische Computerspezialistin Ska Kijathe, zu der Bull sich in diesem Roman eindeutig hingezogen fühlt (und die später unnötigerweise wieder aus der Handlung herausgeschrieben wurde, in Heftroman Nr. 1920, ebenfalls von Hubert Haensel).
Natürlich gab es auch Rückgriffe auf viele Ausdrücke, Schauplätze und Figuren, die ich nicht mehr kannte: Was zum Beispiel waren die Heliotischen Bollwerke, die Nonggo, die Baolin-Nda oder die Brücke in die Unendlichkeit? Die Kunst, die Hubert in diesem Roman beherrscht, ist, solche Dinge wie beiläufig in die Erzählung einzuflechten und dabei, hier am Anfang eines neuen Zyklus, genau das alles zu erklären, was ein Neuleser wissen muss, um den vorliegenden Roman zu verstehen.
Der Roman enthielt eine spannende, in sich geschlossene Geschichte, viele interessante Figuren, und in Bezug auf die übergreifende Handlung wurde meine Neugier gleich in zwei Richtungen geschürt. Mit Blick auf die Vergangenheit: Was war in den vergangenen fünfzehn Jahren im Perryversum geschehen? Und die Zukunft: Wie würde es weitergehen? Für Wiedereinsteiger wie mich die perfekte Mischung.
Text: (c) Olaf Brill
Veröffentlicht am 15. September 2011
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